Sternanis
16. September 2019 Wolfgang Steinbauer

Er gibt Weihnachtsbäckereien das charakteristische Aroma und ist ein hübsches Bastelutensil. Der Sternanis bietet aber auch viel Wertvolles für unsere Gesundheit.

Ausgehend von China und Vietnam verbreitete sich der echte Sternanis bis nach Indien, Thailand, Japan und auf die Philippinen, von wo er Ende des 16. Jahr-hunderts seine Reise nach Europa antrat. Der bis zu 20 Meter hohe Baum hat seinen deutschen Namen einerseits durch das sternförmige Aussehen seiner Früchte und andererseits durch deren charakteris-tisches Aroma. Dieses ähnelt sehr dem des Anis, der auch im gemäßigten Klima unserer Breiten heimisch ist und bereits den Griechen bekannt war.

Alte Kultur-Pflanze

Schon vor 5.000 Jahren wussten die Chinesen um die vielfältige heilende Wirkung des Sternanis und setz-ten diesen erfolgreich zur Linderung bei Verdauungs- und Atemwegsbeschwerden ein. In Indien wurde und wird der echte Sternanis bei ayurvedischen Anwen-dungen für den Verdauungstrakt, aber auch gegen Gelenksentzündungen genutzt. Der Japanische Ster-nanis (Illicium anisatum) ist mit dem echten Sternanis eng verwandt – aber sehr giftig! Darum wird dieser Baum in Japan nicht für medizinische Zwecke ver-wendet, sondern für kultische. Die wohlriechende Rinde wird für Räucherzeremonien im Rahmen kul-tischer Handlungen gebraucht, der Baum selbst dient als Zierpflanze in Tempelgärten oder auf Friedhöfen.

Anwendungen heute

In unseren Breiten ist der echte Sternanis vor al-lem als Gewürz aus der Küche bekannt – als Zutat für Glühwein und winterliche Tees sowie in ver-schiedenen Formen von Weihnachtsgebäck. Wer gerne asiatisch kocht, kennt vielleicht das chinesi-sche Fünf-Gewürze-Pulver, bestehend aus Sternanis, Szechuanpfeffer, Zimtkassie, Fenchelsamen und Gewürznelken. Und kaum eine Adventdekoration kommt ohne die markante Frucht aus.

Ernährung im Winter

Der Winter ist die Zeit der wärmenden Speisen und Getränke. Die Jahreszeit ist dem melancholischen Ar-chetypus zugeordnet, der besonders viel wärmende und stärkende Nahrungsmittel braucht, um Körper und Abwehrkräfte zu unterstützen. Unser Körper ist gerade in der kalten Jahreszeit hohen Anforderungen aus-gesetzt – Stress in der Adventzeit, trockene, warme Innenräume, kalte, feuchte Luft im Außenbereich, Viren, Bakterien und Keime verursachen Verkühlungen, Husten, Schnupfen oder Grippe. Um hier gesund und fit zu bleiben, sollte man bewusst vermehrt Gewürze in die Ernährung miteinbauen. Gewürze machen Speisen leich-ter verdaubar, verbessern den Geschmack, wirken durchblutungsfördernd, kurbeln die Wärmeproduktion im Körper an und erhöhen so die Energie. Weiters wirken sie durch die enthaltenen ätherischen Öle antibak-teriell, antiviral, antimikrobiell und desinfizierend und helfen dem Abwehrsystem im Kampf gegen Krank-heitserreger. Nicht umsonst ist eines der effektivsten Mittel gegen Erkältungskeime der Sternanis (Mariazeller Sternanis-Kapseln) oder das Grippepulver der Hildegard von Bingen (Mariazeller Grippwohl Pulver). Besonders Kinder und Erwachsene, die im Winter immer wieder krank sind, sollten Gewürze täglich in die Ernährung mit einbauen. Das Aroma wird gerne von Parfumeuren für ihre Duftkreationen verwendet. Weit verbreitet ist der echte Sternanis auch als geschmackgebende Kom-ponente in Likören und Bränden mit Anisnote, wie Pastis, Ouzo, Rakı …, da der Sternanis im Anbau viel ertragreicher ist als sein krautiger Namensgeber. In der Volksmedizin der Ursprungsländer wird Stern-anis seit jeher gegen viele Krankheiten mit den un-terschiedlichsten Erregern eingesetzt – denn Sterna-nis wirkt sowohl gegen Viren als auch gegen Bakte-rien. Und das ohne Nebenwirkungen, wie man seit Langem durch den Einsatz bei kleinen Kindern und Säuglingen weiß, die bei Blähungen und Koliken von der krampflösenden Wirkung der ätherischen Öle profitieren. Sternanis hilft vor allem bei Kopf-, Zahn-, Ohren-, Hals- und Gliederschmerzen, Fieber, Lippen-Herpes, Schnupfen und Husten. Bei beginnender In-fektion eingenommen, kann Sternanis die Ausbrei-tung der Infektion sogar soweit eindammen, dass gar keine Erkrankung eintreten muss.

Wirkungsweise

Zum einen wirkt Sternanis möglichen bakteriellen Folgeerkrankungen einer Virus-Grippe entgegen, die lebensbedrohlich werden können – wie etwa eine Lungenentzündung. Zum anderen verleiht die ent-haltene Shikimisäure dem Sternanis seine hervorra-gende antivirale Wirkung: Sie unterbricht die Infek-tionskette, indem sie die Viren daran hindert, sich von der Wirtszelle zu lösen und sich weiter im Körper auszubreiten. Diese seltene Eigenschaft machte Ster-nanis zum Ausgangsstoff für das Anti- Grippe-Me-dikament „Tamiflu“, das mittlerweile jedoch synthe-tisch hergestellt wird.